Von den Marshall Inseln ging es in schönem Passatwind nach Westen , nach Kosrae dem ersten Bundesstaat der föderierten Staaten von Micronesien. (Kosrae, Pohnpei, Chuuk,Yap). Eine nicht genügend beobachtete Wolkenfront zerfetzte in einem Squall (Sturmbö) das 160 m² Leichtwind Segel (siehe Bericht 21). So ging es mit der neuen Normalbeseglung weiter. 4 Tage später erreichten wir Kosrae.
Kosrae hat eine Inselgröße von ca. 100 km², gehört zum Archipel der Karolinen, wurde 1000 vor Chr. Von Polynesier besiedelt, hat nun ca. 7000 Einwohner, war zuerst im spanischen Besitz, ab 1898 eine Kolonie, wie viele Pacific Inseln, des Deutschen Reiches. Im ersten Weltkrieg ging es an Japan, nach dem 2. Weltkrieg an die USA über.
Einige Inseltouren führten uns durch die Felseninsel mit Korallenriff umgeben, die von Regenwälder geprägt ist und ist die Heimat des Flughunds. Auch beim Tauchen gab es viel zu bestaunen. Einige Zeit half ich im State Hospital der Zahnklinik, erledigte Fälle, die hier nicht gemanagte werden konnte, reparierte Behandlungseinheiten und gab Unterricht für Gerätewartung = maintenance – ein Begriff, der im ganzen Pacific wohl ein Fremdwort ist.
Anfang Juli ging es dann mit Stopp zu den Atollen Pingelap und Mokil auf dem Weg nach Pohnpei. Ankern war da nicht möglich, da es gleich 1000 m tief und die Riffpassage mit 0,2 m zu flach ist. Behandelt wird auf See treibend. Dann erreichen wir Pohnpei Staat, das Verwaltungszentrum von Micronesien. Hat ca. 100 kleine Atolle bis zu 750 km entfernt, Berge bis 800 m, das bewaldete Bergland ist einer der regenreichste Plätze der Erde. Knapp 40.000 Menschen leben hier bei einer Gesamtlandfläche von 330 km². Vor der kolonialen Zeit war hier eine hochentwickelte Kultur, von deren Leistung die Ruinen von Nan Madol zeugen (Bild76 bis 83). Ähnlich auch zuvor in Kosrae.
Pohnpei ist auch ein Weltspott für Taucher und Wellenreiter. Am Außenriff stehen dafür oft sehr hohe Wellen. Fast 6 Monate bleiben wir im sicheren Mini-Hafen während der Zyklon Zeit. Half mit in der State Zahnklinik, machten Ausflüge in die nahen unbewohnten Atolle und musste dann im November flott nach Bangkok ausgeflogen werden, gerade mal 7.000 km, für eine Herz OP, wobei gleich auch die Augen mitbehandelt wurden. Nach 2 Wochen ging es zurück aufs Schiff, und war ab Mitte Dezember wieder im State Hospital tätig.
Da wurde mir von Freund eine Hilfe zur Schiffsreinigung empfohlen, die gerade vom weitest entfernten Atoll Kapingamarangi anreiste. Kurz vor Neujahr am 1. Arbeistag erzählte sie mir auf Nachfrage, was sie hier tut. Der Kapitän des Versorgungsschiffes, was 2 bis 4 mal im Jahr dahin fährt, übermittelte ihr, ihre 20-jährige Tochter, die auf Lehramt studiert, wäre unheilbar krank und müsste bald sterben. Sie fuhr mit dem Schiff nach Pohnpei zurück, um ihrer Tochter beizustehen. Was sie hatte, wusste sie nicht, nur starke Schmerzen und schwach.
Am nächsten Tag brachte sie sie mit zu Mariposa, und es stellte sich heraus, dass es ein Nierenleiden war. Ich fuhr mit ihr in kleine Privatklinik und Krankenhaus, ließ Blutbild und Röntgen machen, den Rest sieht man auf Bild mit Text 134 bis 139. Auf Bild 137 und 138 kann man ihre ergreifende Geschichte lesen. Problem: 80 bis 90 % haben in Pacific Inseln keine Krankenversicherung. Kann Familie nicht ausreichend Geld auftreiben, ist das Urteil Tod. Nach viel Organisation mit Freunden konnte sie 2 Wochen später in USA erfolgreich operiert werden.
Ein anderer Fall zur gleichen Zeit (siehe Bild 140 bis 146) eine sehr große Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte. Seit Geburt erhielt die 6-jährige keine Hilfe, konnte kaum essen, trinken, sprechen. Kurz vor Weihnachten sah ich die Kleine in der Klinik, holte sie in mein Behandlungszimmer, untersuchte sie, bat Mutter, die kaum Englisch sprach, am nächsten Tag mit Vater und Kind zu kommen. Nach 3 Tagen ließ ich die Klinik ihren Vater anrufen, sie kamen dann. Einige Gespräche, schaute nach Operationsmöglichkeiten im asiatische Bereich und Deutschland. Innerhalb 3 Wochen fanden wir Hilfe wieder in einem Adventist Hospital in USA. Siehe Brief von Vater (Bild 143, 144). Ich selbst gehöre keiner Kirche mehr an, bin aber begeistert von der spontanen Hilfe der Adventisten-Hospitäler. Eine Kirche, die auch was für Mittellose tut, ohne nur an die eigene Tasche zu denken wie meist hier im Pacific.
Ich zeige diese beide Fälle, da ich neben meiner kostenlosen zahnärztlichen Tätigkeit hier im Pacific seit über 8 Jahren fast jedes Jahr auch 1 bis 6 medizinische Notfälle habe, die nichts mit meiner zahnärztlichen Tätigkeit zu tun haben. Meist geht es da um junge Menschen, die in kürzester Zeit Hilfe brauchen, da sie sonst sterben. Es ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein, was ich da tun kann, aber jedes Menschenleben zählt. Oft gehe ich dafür auch in finanzielle Vorlage für Flug, Unterbringung und Behandlung. Zeitweise auch mit der Yacht einige Tage Transfer zum nächsten Flughafen, da das Versorgungsschiff nur alle paar Monate kommt.
Da die Aufwendungen für mich alleine oft zu hoch sind, habe ich ein Spendenkonto bei der Sparkasse in Gaggenau Nr. DE02 6625 0030 1030 1055 95, Dr. Michael Leppert, humanitäre Hilfe Pacific, eingerichtet, um spontane Hilfe etwas abfedern zu können. Werde jedes Jahr Spender und die dadurch unterstützte Hilfsleistung hier bekannt geben. Danke.
Ende Januar 2017 setzten wir wieder Segel, um zu den Atollen von Chuuk und Yap zu gelangen. Für mich eine der schönsten Plätze im Pacific. Kommt bald im Bericht 23. Die neue Rubrik Zahnklinik 2016 mit eigener Bildergalerie ergänzt den Bericht 22 und deren Bildergalerie.
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